Rote Liste NRW 1999
Rote Liste der in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Kriechtiere (Reptilia) und Lurche (Amphibia)
- 3. Fassung -
Martin Schlüpmann & Arno Geiger
nach:
Schlüpmann, M. & A. Geiger (1999): Rote Liste der gefährdeten Kriechtiere (Reptilia) und Lurche (Amphibia) in Nordrhein-Westfalen. In Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung u. Forsten/Landesamt f. Agrarordnung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen. – LÖBF-Schriftenreihe, Recklinghausen 17: 375-404.
Seit Erscheinen der zweiten Fassung der Roten Liste für NRW (Feldmann & Geiger 1986) sind jetzt mehr als 10 Jahre vergangen. Der damaligen Roten Liste ging die Bearbeitung der beiden Landesteil-Herpetofaunen voraus (Westfalen: Feldmann 1981; nördliches Rheinland: Geiger & Niekisch 1983), die erste Übersichten über Verbreitung und Bestand der Herpetofauna des Landes und damit eine wesentliche Grundlage der Roten Liste schufen. Der Wissenstand über viele heimische Arten und Teilgebiete hat sich dabei seit Erscheinen der Herpetofaunen deutlich vermehrt. Es ist hier nicht möglich diesen Wissenszuwachs umfassend zu dokumentieren – dies ist bereits in der Übersicht von Schlüpmann et al. (1995) erfolgt. Hervorzuheben ist:
Speziell die Ballungsräume an Rhein und Ruhr, seinerzeit eher stiefmütterlich behandelt, wurden intensiv bearbeitet. Das Ruhrgebiet ist mittlerweile fast flächendeckend auf Basis von 1 km⊃2;-Gauß-Krüger-Rastern kartiert (Sell & Sell 1977, Thiesmeier 1984, Klewen 1988, Kordges et al. 1989, Hamann & Uthoff 1994, verschiedene unveröff. Arbeiten). Diese Informationsdichte übertrifft vermutlich alle anderen Regionen in Europa. Auch Wuppertal (Schall et al. 1984, 1985), Schwelm (Kronshage & Hildmann 1988, Kronshage 1994), Köln (Mittmann & Simon 1991), Hagen (Reptilien: Arbeitsgemeinschaft Amphibien und Reptilien Hagen 1983, Amphibien: z. T. unveröff.), Bonn (Amphibien: Dalbeck et al. 1997) und die Stadt Stolberg (Schütz & Wittig 1994) sind entsprechend bearbeitet.
In den ländlichen Regionen dagegen war der Wissenszuwachs im Vergleich eher lückenhaft. Immerhin sind in der Zwischenzeit Faunen bzw. Kartierungen erarbeitet und teilweise publiziert worden, z. B. für den Kreis Soest (Loske & Rinsche 1985), die Städte Lüdenscheid (Amphibien: Hering 1984), Höxter (Volpers & Mitzka 1986), die Stadt Werl (Amphibien: Krismann & Krismann 1990), den Hochsauerlandkreis (Korn 1991), den Kreis Steinfurt (Glandt et al. 1995), den Rhein-Sieg-Kreis (Amphibien: Dalbeck et al. 1997), die Gemeinde Much (Blosat 1997). Dazu kommen verschiedene unveröffentlichte Kartierungen (vgl. Schlüpmann et al. 1995).
Für einzelne Arten konnte unser Wissen enorm erweitert werden, das gilt z. B. für die Wechselkröte und den Laubfrosch, deren Bestände seitens der LÖBF auf der Grundlage von Werkverträgen untersucht werden konnten (vgl. Schlüpmann et al. 1995).
Zahlreiche Initiativen im ganzen Land erfassen bei Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen die Bestände der zum Laichgewässer anwandernden Lurche, speziell der Erdkröte. Registriert sind bislang 365 solcher Initiativen (K. Fischer 1995, unveröff.), die i. d. R. durch ehrenamtliche Naturschützer durchgeführt werden.
Populationsstudien zu vielen Arten, darunter Feuersalamander, Kammolch, Geburtshelferkröte, Gelbbauchunke, Erdkröte, Kreuzkröte, Wechselkröte, Moorfrosch, Springfrosch, Grasfrosch, Mauereidechse und Ringelnatter haben unser Wissen über die Lebensweise einzelner Arten deutlich vermehrt. Nicht alle diese Arbeiten sind bislang veröffentlicht (vgl. Bibliographie: Schlüpmann et al. 1995).
1993 hat der Arbeitskreis Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalen als Projektgruppe der Arbeitsgemeinschaft für biologisch-ökologische Landeserforschung e. V. (ABÖL) mit Unterstützung der LÖBF eine systematische Neukartierung der Herpetofauna – erstmals landesweit – begonnen (Arbeitskreis Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalen 1993 a, b). Teilergebnisse sind bereits veröffentlicht (Kronshage et al. 1994, Geiger et al. 1994, Schlüpmann 1996, Geiger 1997). Aktualisiertes Kartenmaterial unseres Arbeitskreises mit Stand Nov. 1995, Nov. 1996 und Nov. 1997 liegt vor.
Der enorme Wissenszuwachs ermöglicht eine sicherere Einschätzung der aktuellen Bestände vieler Arten, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die wenigsten Arten Trends nachweisbar sind. Allenfalls für einzelne Populationen lassen sich solche Bestandsänderungen heute tatsächlich nachweisen. Sie sind aber selten repräsentativ für einen größeren Raum.
Auch die dritte Rote Liste wird demnach den Charakter einer gutachterlichen Experteneinschätzung behalten, wobei wir uns bemüht haben, das Wissen zahlreicher Faunisten aus allen Landesteilen einzubeziehen.
Diskussionsbedarf gab es im Verlaufe der Bearbeitung vor allem bei folgenden Arten: Zauneidechse, Mauereidechse Geburtshelferkröte, Kreuzkröte, Wechselkröte, Moorfrosch, Springfrosch, und Wasserfrosch-Komplex,. Schwer einzustufen sind weiterhin die heimlichen Arten insbesondere die Knoblauchkröte und die Schlingnatter. Völlig unzureichend untersucht sind nach wie vor die Verbreitung und der Bestand autochthoner Arten des Wasserfrosch-Komplexes, obwohl die Untersuchungen von Schröer (1997) in Westfalen ein deutlichen Fortschritt erbracht haben.
Die missverständliche Kategorie 4 („potentiell gefährdet“) – 1986 für Feuersalamander im Tiefland und Zauneidechse im Bergland verwendet – ist endgültig entfallen. Neu wird die Kategorie R von „rare“ (= durch extreme Seltenheit gefährdet, z. B. aus biogeographischen Gründen) eingeführt, wenn eine Art zwar extrem selten oder nur sehr lokal vorkommt, aber kein merklicher Rückgang, bzw. keine Bedrohung feststellbar ist. Andererseits kann die Art im Gebiet aufgrund ihrer Seltenheit durch unvorhersehbare menschliche Einwirkungen schlagartig ausgerottet oder erheblich dezimiert werden (Schnittler et al. 1994). Hierdurch kann sich dann der Status sehr rasch zu den Kategorien 3, 2, 1 oder 0 hin verändern. Insbesondere gilt dies für Arten, die in bestimmten Landschaften ihre natürliche Verbreitungsgrenze erreichen oder dort von Natur aus selten sind (Feuersalamander, Fadenmolch und Geburtshelferkröte im Tiefland, Mauereidechse und Springfrosch im südlichen Rheinland).
Neu aufgenommen wurde auch die Kategorie „V“ für Vorwarnliste. Sie fand bei solchen Arten Anwendung, die nach derzeitiger Kenntnis noch nicht gefährdet sind, die aber zumindest in größeren Bereichen des Landes abnehmen (z. B. Geburtshelferkröte, Seefrosch) und deren Bestände von daher genauer verfolgt werden sollten.
Schließlich ist die Kategorie „D“ für den Seefrosch im Süderbergland und der Eifel verwendet worden, da uns ein autochthones Vorkommen, abgesehen von den Randlagen im Rhein- und Ruhrtal fraglich scheint.
Die alte Gliederung der 6 Großlandschaften wurde beibehalten (vgl. hierzu die 2. Fassung der Roten Liste von 1986). Abweichend dazu wurde der Kottenforst nun der Niederrheinischen Bucht zugeordnet. Erstmals ist auch eine weitere Ebene vorgesehen, die den Ballungsraum des Ruhrgebietes gesondert ausweist. Sie ist als azonal die Großlandschaften I, II und VI überlagernde Landschaftseinheit herausgeschnitten um umfasst den Kern des Ruhrgebietes. Deshalb wird sie in unserer Liste auch separat gewertet. Die anderen Ballungsräume bleiben unberücksichtigt.
Die Tabelle 1 enthält alle in Nordrhein-Westfalen autochthon vorkommenden Amphibien- und Reptilienarten (zzgl. der wohl nicht heimischen Emys orbicularis). In Nordrhein-Westfalen sind 7 Reptilienarten autochthon nachgewiesen. Lacerta bilineata, die möglicherweise ebenfalls zum Arteninventar unseres Landes zählt (s. u.), bleibt in allen Tabellen zunächst noch unberücksichtigt. An Amphibien sind 17 Arten und als besondere systematische Kategorie 1 Klepton mit Hybridcharakter (R. kl. esculenta) nachgewiesen (vgl. z. B. Günther 1996).
Die weiteren, sehr ausführlichen Erläuterungen sind nur in der gedruckten Form zu finden.
Wer die gesamte Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten unseres Landes haben möchte, kann sie aber bei der Werkstatt Förderturm, Hubertusstraße 35b, 45657 Recklinghausen (Fax 02361/186182) bestellen (Preis 49,80 DM + Versandkosten).
Die Rote Liste der Pflanzen und Tiere von Nordrhein-Westfalen (auch der Kriechtiere und Lurche) ist hier als Pdf [855 KB]
verfügbar.
Letzte Änderung am Dienstag, 29. Oktober 2024 um 18:02:16 Uhr.
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